Kaum ein Land hat eine so lange Biertradition und pflegt eine so intensive Bierkultur wie Belgien. Bier aus Belgien zeichnet sich durch unterschiedliche geschichtliche Hintergründe, verschiedene Bierstile und eine Vielzahl an Brauweisen aus.
Inhalte
Belgien ist experimentierfreudig, wenn es um Bier geht. Neben traditionellen, klassischen Biersorten sind auch verschiedene ungewöhnliche belgische Biere, beispielsweise mit Sauerkirsch-Geschmack, Gewürzen wie Koriander oder einem Geschmack nach Schaumwein auf dem Markt.
Es gibt ungefähr 1.600 belgische Biere, von denen etwa 500 zu den echten Spezialitäten gehören. Nicht umsonst ist die belgische Bierkunst Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Für Bier aus Belgien gilt kein Reinheitsgebot. Daraus resultiert auch die breite Palette an Biersorten und Geschmacksrichtungen.
Geschichte und Infos
Belgien ist das Vaterland des modernen Biers. Im alten Ägypten wurden zwar schon Vorläufer des heute bekannten Biers gebraut, doch die eigentliche Geschichte von Bier in seiner heute bekannten Form beginnt in Belgien. Noch vor Beginn des Mittelalters begannen die Trappisten in den Klöstern mit der Herstellung von Bier.
Lambic ist die vielleicht älteste Biersorte der Welt und stammt aus Belgien. Die Geburtsstätte dieser Biersorte ist das Sennetal. Die Besonderheit bei dieser Biersorte ist die Spontangärung. Hefesporen aus der Luft setzen die Gärung in Gang. Um den Gärprozess fortzusetzen, wird der Sud eingelagert. Das kann sogar über mehrere Jahre dauern.
Ein belgisches Bier mit einer außerordentlich langen Tradition ist auch das Trappistenbier. Es wird von den Trappistenmönchen gebraut. Allerdings ist dieses Bier noch etwas jünger, denn als erster Trappist gilt Armand Jean Le Bouthillier de Rancé.
Die ersten belgischen Biere wurden in Klöstern und Abteien gebraut. Im Laufe der Zeit entwickelten sich in Belgien zahlreiche Brauereien. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es mehr als 3.300 Brauereien in Belgien. Sie produzierten ungefähr 1,6 Milliarden Liter Bier. Die Zahl der Brauereien ging jedoch aufgrund von Konsolidierungen und Übernahmen in der Braubranche stark zurück. Um 1980 befanden sich nur noch etwa 100 Brauereien in Belgien.
In Belgien gibt es ungefähr 1.600 Biersorten. Davon zählen etwa 500 zu den belgischen Spezialitäten.
Bier aus Belgien ist für seinen ziemlich hohen Gehalt an Alkohol bekannt. Das ist im Vandervelde-Gesetz von 1919 begründet. Laut diesem Gesetz war es in den belgischen Biercafés verboten, Bier mit einem hohen Alkoholgehalt zu verkaufen. Das trieb die Nachfrage nach stark alkoholoischem Bier nach oben. So konnten sich hochprozentige Biersorten entwickeln. Das Gesetz wurde 1983 aufgehoben, doch hat sich am Alkoholgehalt beim Bier Belgiens nichts geändert.
Seit November 2016 ist das belgische Bier Teil des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO.
Typische belgische Biersorten
Es würde bei der Vielzahl an Sorten zu weit führen, alle belgischen Biersorten aufzuführen. Das ist kein Wunder, denn in Belgien gilt kein Reinheitsgebot. Das sind die wichtigsten belgischen Biersorten.
Wie viele belgische Biersorten gibt es?
Es gibt mehr als 1.600 belgische Biersorten.
Lambic
Das vielleicht älteste Bier Belgiens ist Lambic, das durch Spontangärung entsteht und mitunter über drei Jahre gelagert wird, damit der Gärprozess abgeschlossen wird. Lambic wird zu zwei Dritteln aus gemälzter Gerste und einem Drittel aus Rohweizen hergestellt.
Für eine bessere Haltbarkeit wird ein äußerst geringer Teil Hopfen zugefügt. Dieser Anteil muss so gering sein, da dieser bittere Geschmack nicht mit dem herben Biergeschmack harmonieren würde. Der Säureanteil, der durch die Hopfenbeigabe entsteht, wird in Ibu gemessen (International Bitterness Unit).
Der Gärprozess wird durch Hefesporen aus der Luft eingeleitet. Die Hefepilze siedeln sich auf der Oberfläche des Brausuds an . Mitunter befinden sich Hefepilze in der Brauerei an den Holzwänden und in den Fässern. Sie sind auch für die Reifung erforderlich.
Lambic hat einen säuerlichen Geschmack. Aus Lambic werden verschiedene Verschnitte hergestellt, die als Gueuze bezeichnet werden. Lambic-Biere unterschiedlicher Jahrgänge, von denen die jüngeren noch gärfähigen Zucker haben und die älteren schon komplexe Hefekulturen gebildet haben, werden miteinander vermischt.
Klosterbier
Bei Klosterbier handelt es sich nicht um einen Bierstil, sondern um die Herkunft des Biers. Klosterbier wird im Kloster gebraut. Es gibt verschiedene Sorten Klosterbier:
- Tripel als helles Bier
- Quadrupel als dunkles Bier
- Dubbel als dunkles Bier
Da diese drei Stilrichtungen von den Trappisten hergestellt werden, tragen sie den Namen Trappistenbier. Die helleren Biere zeichnen sich durch eine stärkere alkoholische Note aus. Die dunklen Klosterbiere sind ziemlich malzlastig.
Starkbier
In Belgien ist Starkbier durch eine lange Tradition geprägt. Es gibt helle Biere mit der Bezeichnung Blonde Strong Ale und dunkle Biere mit der Bezeichnung Dark Strong Ale. Da diese Biere einen Alkoholgehalt bis zu 14 Prozent aufweisen, sind sie in ihrer Wirkung mit Wein vergleichbar. Sie sind körperreich und vielfältig im Geschmack.
Ale
Als Ale wird obergäriges Bier bezeichnet, das bei einer hohen Temperatur vergoren wird. Ale schmeckt mild, mit einer leichten Note von Hopfen. Frisch gezapft kann Ale seine Geschmacksnote besser als aus der Flasche entfalten.
Weizenbier
Weizenbier wird auch als Witbier bezeichnet. In seinem Geschmack und in der Herstellung unterscheidet sich dieses Witbier deutlich von den Weizenbieren in Deutschland und Österreich. Als Zutaten werden Weizenmalz, Orangenschalen und Koriander verwendet. So entsteht eine fruchtig-würzige Geschmacksnote.
Früli ist eine Variante von Weizenbier. Es hat einen leichten Erdbeergeschmack, da ihm Erdbeermark beigemischt wird.
Rotbier
Rotbier wird vorwiegend in flandrischen Städten gebraut und hat eine rötlich-braune Farbe. Im Geschmack ist es herb, säuerlich und frisch. Die Farbe entsteht durch Wiener Malz. Das Bier reift mitunter zwei Jahre lang in Holzfässern. Das Aroma entsteht wahrscheinlich durch säurebildende Bakterien.
Champagner-Bier
Champagner-Bier gilt als belgische Bierspezialität, doch ist diese Sorte weniger stark verbreitet. Wein- oder Champagnerhefe wird für die Vergärung verwendet. Ähnlich wie bei der Champagner-Methode erfolgt eine Nachgärung in der Flasche.
Das trockene Bier mit der perlenden Kohlensäure wird auch als Brut Bier bezeichnet.
Teufelsbier
Das bekannteste helle Bier aus Belgien trägt den Namen Duvel, was Teufel bededutet. Es hat einen leichten Körper und eine blumige Geschmacksnote. Teuflisch ist dieses Bier, da sein Alkoholgehalt von 8,5 Prozent oft unterschätzt wird. Als Zutaten werden helles Malz sowie eine Mischung aus Saazer und Steirischem Hopfen verwendet. Beim Brauprozess wechseln sich lange Hitze- und Kühlphasen ab.
Fruchtbiere
Kirschbier ist nur eine Variante der belgischen Fruchtbiere. Kirschbier ist eine Variante von Lambic. Der saure Grundgeschmack wird von Früchten überlagert. Neben Sauerkirschen können auch andere Früchte wie Himbeeren, Grapefruit, Mango, Pfirsich oder Apfel verwendet werden.
Saisonbier
Saisonbiere wurden im Herbst und im Winter für die Saisonarbeiter hergestellt. Heute werden solche Biere noch in ungefähr zehn Brauereien in Belgien produziert. Als Zutaten können Früchte und Kräuter verwendet werden. Diese Biere zeichnen sich durch einen stärkeren Alkoholgehalt, eine Hopfennote und einen würzigen Geschmack aus. Hin und wieder wird auch Pfeffer verwendet. In der Flasche gären diese Biere nach.
Belgien und seine Braukunst
Die Braukunst in Belgien ist durch Vielfalt, Tradition und Mut zum Experimentieren geprägt. Eine der ältesten Fermentationstechniken ist die spontane Gärung mit Hefe aus der Luft, die vor allem in der Region um Brüssel angewendet wird.
Wilde Hefe, Milchsäurebakterien, Enterobakterien und Essigsäurebakterien sind nicht nur beim Brauen von Lambic typisch. Auch in der Craft Beer Szene wird die spontane Gärung angewendet. Milchsäurebakterien verleihen dem Bier seinen typischen säuerlichen Geschmack.
Wieso hat belgisches Bier so einen hohen Alkoholgehalt?
Der hohe Alkoholgehalt der belgischen Biere ist im Vandervelde-Gesetz von 1919 begründet, das inzwischen abgeschafft wurde. Das Gesetz verbot den Ausschank stark alkoholischer Biere. Da die Nachfrage aber vorhanden war, wurde stark alkoholisches Bier gebraut und in Flaschen auf dem Markt verkauft.
Abtei Biere gehören zu den ältesten Bieren der Welt. Sie werden in Abteien und Klöstern gebraut. Das Trappistenbier ist nur ein Beispiel dafür. Diese Biere sind durch eine hohe Qualität geprägt.
Typisch für Bier aus Belgien ist die Verwendung von Gewürzen wie Kardamom, Süßholz, Ingwer, Ginseng oder Anis. Auch Früchte werden häufig verwendet. Das ist möglich, da in Belgien kein Reinheitsgebot gilt.
Die belgische Bierkultur wird in Cafés gepflegt, bei denen es sich eigentlich um Bars handelt. Die Biere werden in der entsprechenden Temperatur und mit einem passenden Glas serviert.
Viele belgische Biere werden nicht in Fässern, sondern in Flaschen gereift. So entsteht häufig ein besonderes Aroma. Oft ähneln diese Flaschen den Champagnerflaschen und sind in Papier eingepackt.
Die belgische Braukunst ist innovativ. Wahrscheinlich stammen die innovativsten Brauer der Welt aus Belgien. Einige Biere lassen sich keinem Stil zuordnen, da sie so speziell sind. Sogar Biere mit dem Geschmack nach Sherry, Kakao oder Kuchen sind anzutreffen.
Wie schmeckt belgisches Bier?
Es gibt keinen typischen Geschmack von belgischem Bier, da diese Biere so vielfältig sind. Grundsätzlich haben die Biere einen süßlichen Geschmack, oft mit einer Note von Toffee, Karamell oder Schokolade. Häufig werden Früchte und Gewürze verwendet, die für einen fruchtig-würzigen Geschmack sorgen.
Biermarken aus Belgien
Es ist nicht verwunderlich, dass es bei einem solchen Sortenreichtum von belgischem Bier auch zahlreiche Marken gibt.
Bekannte belgische Biermarken sind
- Chimay, ein Abtei-Bier aus Französisch-Flandern
- Affligem
- Bush
- Cantillon
- Domus
- Dupont
- Kwak, von der Brasserie Bosteels
- Lefebvre
- Lindemans
- Tripel Karmeliet von der Brauerei Bosteels
Beliebte belgische Biere – Unsere Top 5
Hier sind nun unsere 5 beliebtesten Biere aus Belgien.
Tripel Karmeliet
Tripel Karmeliet hat einen Alkoholgehalt von 8,4 Prozent und wird aus Gerste, Weizen und Hafer gebraut. Dieses kräftige Bier wird gern zu verschiedenen Käsesorten, ähnlich wie Wein, getrunken.
Chimay Bleue
Chimay Bleue ist ein Trappist und ein dunkles Bier, das nach Toffee und Karamell schmeckt. Die lange Reifezeit verleiht ihm eine süße Note. Mit einem Alkoholgehalt von 9 Prozent ist es richtig stark.
Duvel
Mit einem Alkoholgehalt von 8,5 Prozent ist dieses Teufelsbier ein echtes belgisches Starkbier. Es hat einen fruchtigen Geschmack nach Orange und einen pfeffrigen Abgang.
Pauwel Kwak
Pauwel Kwak ist durch verschiedene Geschmacksnuancen mit Orange, Toffee und würzige Noten geprägt. Der Alkoholgehalt liegt bei 8,4 Prozent. Das bersteinfarbene Bier schmeckt angenehm weich, süß und leicht bitter.
Rochefort
Mit einem Alkoholgehalt von 11 Prozent ist dieses Trappistenbier eine echte Alkoholbombe. Es zeichnet sich durch einen schokoladigen, karamelligen Geschmack mit einer Lakritznote und fruchtigen Einflüssen von Pflaume, Rosinen und Feigen aus.
1 Kommentar
Danke und Gruss aus Belgien. Zwei Klarstellungen:
“Noch vor Beginn des Mittelalters begannen die Trappisten in den Klöstern mit der Herstellung von Bier.”
=> Der Orden entstand erst 1892 und geht auf Armand Jean Le Bouthillier de Rancé zurueck, der 1637 Abt des Zisterzienserklosters La Trappe in Nordfrankreich war.
“Klosterbier wird im Kloster gebraut.”
=> Nein, nur Trappistenbiere mit dem sechseckigen Logo werden so gebraut. Die anderen Kloester haben ihre Namensrechte an die Grossbrauereien verkauft (Leffe an AB Inbev, Affligem und Grimbergen an Alken-Maes / Heineken, etc).